Harald Neukamm ist bei der Apex Tool Group GmbH zuständig für den Betriebsmitteleinkauf, die Werkzeugplanung und die Maschinenprogrammierung. «Gesehen haben wir das Werkzeugsystem beim Stechdreh-Seminar im Werk des Tübinger Werkzeugherstellers Horn», erzählt Neukamm. Wenig später implementierte Neukamm den Prozess bei der Fertigung eines Planetenträgers. Nicht nur beim Stechen, auch für das Nutfräsen am gleichen Bauteil setzt Neukamm jetzt auf Horn-Werkzeuge.
Die Apex Tool Group vereint mehrere Marken von Powertools für den professionellen Einsatz. Die Maschinen finden ihren Einsatz beispielsweise in grossen Montagelinien der Automobilindustrie, in der Montage der Luftfahrtindustrie sowie der Energieerzeugung und weiteren Industrien. Eben überall dort, wo der Anwender sich auf die Leistung und Genauigkeit der Powertools verlassen muss. Dies gilt beispielsweise bei exakt einzuhaltenden Anzugs-Drehmomenten von bestimmten Verschraubungen. Solche Verbindungen müssen dokumentiert werden. Die Marke CLECO der Apex Tool Group bietet deshalb Maschinen, die die angezogenen Drehmomente automatisch und vernetzt genau dokumentieren. Auch die Langlebigkeit der Maschinen spielt in der Serienfertigung eine grosse Rolle. Für einige der CLECO-Maschinen gibt der Hersteller eine Garantie für mindestens zwei Millionen Schraubzyklen, bei einer sehr kleinen Toleranz der zulässigen Drehmomentabweichung.
Zentrales Bauteil
Der Planetenträger ist eines der zentralen Bauteile einer Einbau-Schraubspindel. Diese Spindel kommt unter anderen in der Automobilmontage zum Einsatz. Fünf Schraubspindeln, als Paket montiert, verschrauben beispielsweise gleichzeitig alle fünf Radschrauben bei der Rädermontage. «Auch in vollautomatisierten Fertigungs- und Montageanlagen sind unsere Schraubspindeln verbaut», so Neukamm.
Das Planetengetriebe dient zur Kraftübertragung zwischen Motor und Spindel und ist sehr präzise gefertigt. Schon kleine Rundlauffehler können die geforderte Anzahl an Schraubzyklen über die Lebensdauer verändern. Zur Fertigung des Planetenträgers setzten die Verantwortlichen um Harald Neukamm auf das Fräs-Drehzentrum 726 MT von Stama. Zum Stechen eines 50 mm breiten Einstichs setzt Neukamm auf das neue Horn-Werkzeugsystem zum Stechen mit der Y-Achse. «Gesehen haben wir das System bei einem Horn-Technologieseminar in Tübingen», sagt Neukamm. Den Einstich schruppte Neukamm vorher mit dem Horn-System S229 und war mit der Leistung zufrieden: «Das System 229 hat immer die geforderte Leistung für diese Bearbeitung gebracht, aber das Stechen über die Y-Achse hat uns neugierig gemacht », so Neukamm. Zusammen mit Stephan Weiss, dem zuständigen technischen Berater von Horn, implementierte Neukamm das Stechverfahren in den Bearbeitungsprozess.
Grosse Hebelkräfte
Speziell beim Ab- und Einstechen in Werkstücken mit grösseren Durchmessern entstehen grosse Hebelkräfte. Die Platzverhältnisse in der Maschine erlauben oft nicht den Einsatz von Werkzeugen mit grösserem Querschnitt. Bei der neuen Anordnung der Schneide im Werkzeugträger werden die Schnittkräfte in den Hauptquerschnitt des Stechhalters eingeleitet. Dadurch ergibt sich bei gleichen Querschnitten der Stechhalter eine höhere Steifigkeit des Gesamtsystems. Dies erlaubt höhere Vorschübe bei gleicher Stechbreite. Der Kraftfluss in Längsrichtung des Werkzeugs erlaubt schmälere Halter bei gleicher Steifigkeit des Systems. Bei modernen Generationen von Dreh- und Fräszentren führt das Abstechen mit den neuen Stechwerkzeugen zu einer Einleitung der Schnittkraft in Spindelrichtung und damit zu einer höheren Steifigkeit des Gesamtsystems. Darüber hinaus bietet das System eine innere Kühlmittelzufuhr durch den Spannfinger und die Unterstützung. Als Schneideinsatz setzt Horn bei dem Stechsystem auf die Schneidplatte des Typs S100.
Der Wechsel der Stechstrategie brachte einen Zeitvorteil von über einer Minute. «Das resultiert aus der Möglichkeit, mit dem Stechsystem den doppelten Vorschub zu fahren», so Weiss. Darüber hinaus stieg auch die Standzeit des Werkzeugs und die Spankontrolle, da der Span direkt nach unten abgeleitet wird. Gestochen wird mit einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 130 m/min bei einer Vorschubgeschwindigkeit von 0,3 mm/U. Das Stechen ist eine reine Schruppoperation. Der Abstich geschieht am Durchmesser des Einstiches. «Geschlichtet wird der Einstich auf der Gegenspindel mit einer ISO-DCMT-Schneidplatte. Auf der Gegenspindel wird wegen des Materialverzugs nicht geschruppt. Des Weitern arbeiten wir mit einer glatten Spannzange, welche uns das Schruppen ebenso erschweren würde», so Neukamm.
Neues Frässystem rechnet sich
Zur Aufnahme der drei Zahnräder des Planetengetriebes müssen in das Bauteil drei Nuten gefräst werden. Hierzu setzt Neukamm auf das Horn-Frässystem M310 mit einem Schneidkreis von 63 mm und sechs Schneiden. «Durch den Wechsel auf den Scheibenfräser von Horn konnten wir die Vorschubgeschwindigkeit von früher 280 mm/min auf nun 400 mm/min erhöhen. Des Weiteren erhöhte sich die Standzeit und das Fräsgeräusch klingt nun viel runder », sagt Neukamm. Das Werkzeug fährt zum Fräsen der Nut auf einer Kreisbahn. Die 20 mm breite Nut fräst der Scheibenfräser in vier Schnitten. Bestückt ist das Horn-Frässystem mit dreischneidigen Wendeschneidplatten des Typs 310. «Wir sind mit dem Frässystem sehr zufrieden. Es ist preislich nicht günstig, aber Qualität hat seinen Preis und wenn wir die gesamten Prozesskosten betrachten, rechnet sich der höhere Preis aufgrund der hohen Standzeiten und der kürzeren Bearbeitungszeiten sehr schnell», erzählt der Fertigungsplaner.
Die Partnerschaft zwischen der Apex Tool Group und Horn besteht schon einige Jahre. Die Zerspaner um Harald Neukamm setzen viel auf die Werkzeuglösungen von Horn. «Wir haben einige Sonderlösungen von Zirkularfräsplatten und Werkzeuge zum Nutstossen sowie Stechwerkzeuge von Horn», sagt Neukamm und fährt fort: «Wir haben einen sehr guten Kontakt und Ansprechpartner mit Herr Weiss. Die Seminare in Tübingen mit Werksbesichtigung sind lehrreich. Nicht nur Theorie, sondern auch immer dazu den praktischen Teil. Probleme bei Bauteilen werden bei Horn immer an der Maschine gelöst, nicht am Telefon.» Der Cleco-Abteilungsleiter Mustafa Agkün legt ein hohes Augenmerk auf die Weiterbildung seiner Mitarbeiter und schickt Neukamm mit seinem Team regelmässig auf Weiterbildungen. Stetiges Qualifizieren und Erlernen modernster Fertigungsverfahren zahlt sich letztendlich aus.